Facetten und Stadien der Demenz
Symptome der Demenz
Demenz ist ein Symptommuster, das viele verschiedene Ursachen haben kann. Das Muster ist sowohl hinsichtlich der Art der Symptome (z. B. Kognition, Verhalten) als auch hinsichtlich ihres Schweregrades (leicht bis schwer) uneinheitlich.
Die Demenz hat verschiedene Kernmerkmale:
- Kognitive Probleme: Diese betreffen das Gedächtnis, die Aufmerksamkeit, die Sprache, die räumliche Orientierung und das Denkvermögen. Gedächtnisprobleme sind nicht immer das Hauptproblem.
- Schwierigkeiten im Alltag: Zu Beginn können komplexe Aufgaben wie die Organisation des Haushalts oder die Finanzplanung schwierig sein. Später können auch einfache Dinge wie die Zubereitung von Mahlzeiten oder das Anziehen zur Herausforderung werden. In späteren Stadien benötigen Menschen mit Demenz Hilfe bei grundlegenden Verrichtungen wie Essen und Ankleiden.
- Verhaltensauffälligkeiten und psychische Symptome: Dazu gehören eine Reihe von Veränderungen wie Antriebslosigkeit, Depression, Unruhe, Wahnvorstellungen, zielloses Umherwandern, Missachtung sozialer Regeln, Impulsivität, übermäßiges Essen, repetitives Verhalten und nächtliche Verwirrtheit. Diese Veränderungen werden häufig durch Schwierigkeiten verursacht, die aus einem Missverhältnis zwischen den Fähigkeiten der Person und den Anforderungen ihrer Umgebung resultieren.
- Körperliche Symptome: Demenz wirkt sich nicht nur auf das Denken und Verhalten aus, sondern kann auch die körperlichen Funktionen beeinträchtigen. Bei einigen Demenzformen treten körperliche Symptome erst spät auf, wie z. B. Inkontinenz bei der Alzheimer-Krankheit, während sie bei anderen früher auftreten, wie z. B. Parkinson-ähnliche Symptome bei der Lewy-Körper-Demenz oder übermäßiges Essen bei der Frontotemporalen Demenz.
Bereich. | Leistung. | Beispiel. |
Aufmerksamkeit, |
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Gedächtnis |
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Orientierung |
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Sprache |
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Ausführende Funktionen |
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Soziale Kognition |
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Objektgebrauch |
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Visuo-räumliche Fähigkeiten |
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Stadien der Demenz
Es gibt verschiedene Stadien der Demenz. Es beginnt mit der subjektiven kognitiven Beeinträchtigung, gefolgt von der leichten kognitiven Störung, bei der Gedächtnisprobleme auftreten. Dann gibt es die leichte Verhaltensstörung mit Verhaltensänderungen. Bei der leichten Demenz treten erste Schwierigkeiten bei alltäglichen Verrichtungen auf. Im mittelschweren Stadium verschlechtern sich Gedächtnis und Urteilsvermögen, und schließlich können im schweren Stadium grundlegende Alltagsaktivitäten nicht mehr allein bewältigt werden. Wie die Grafik "Stadien der Alzheimer-Krankheit" zeigt, kann der Beginn einer Demenz bereits 10 bis 20 Jahre vor den ersten Symptomen liegen.
Die verschiedenen Stadien der Demenz
Subjektive kognitive Beeinträchtigung
- Die Person bemerkt Gedächtnisprobleme, obwohl Tests normale Ergebnisse zeigen.
- Erhöhtes Demenzrisiko; regelmäßige Kontrollen sind wichtig.
- Kann auch bei Depressionen oder anderen Gesundheitsproblemen auftreten
Leichte kognitive Beeinträchtigung (englisch: “Mild Cognitive Impairment, MCI”)
- Zwischenstadium zwischen normalen Altersveränderungen und leichter Demenz.
- Betroffene klagen über Gedächtnisprobleme, Alltagsfunktionen bleiben jedoch erhalten.
- Unterschiedliche kognitive Bereiche können betroffen sein
- In rund 10 – 12% der Fälle schreitet die leichte kognitive Störung pro Jahr zu einer Demenz fort. Der Zustand kann sich aber mit der Zeit auch wieder zurückbilden oder unverändert fortbestehen.
Leichte Verhaltensveränderungen
- Anhaltende Verhaltensänderungen, die Beziehungen oder Arbeit beeinträchtigen.
- Antrieb, Stimmung, Impulskontrolle und soziale Anpassung können beeinträchtigt sein.
- Kann mit leichter kognitiver Beeinträchtigung einhergehen.
Leichte Demenz
- Beeinträchtigung alltäglicher Verrichtungen, zunächst komplexer (Kochen, Einkaufen, Medikamenteneinnahme, Kalenderführung), später einfacher Art (Körperpflege, Kleiden, Einnahme Mahlzeiten).
- Symptome variieren je nach Ursache bzw. Form der Demenz.
Mittelschwere Demenz
- Deutliche Gedächtnisprobleme, eingeschränktes Urteilsvermögen.
- Schwierigkeiten bei einfachen Alltagsverrichtungen.
- Verhaltensänderungen wie Antriebslosigkeit, Unruhe, Wahnvorstellungen.
Schwere Demenz
- Weitere Verschlechterung der Kognition und des Verhaltens.
- Schlafstörungen, Schluckstörungen, Inkontinenz.
- Erhöhtes Sturz- und Infektionsrisiko.
- Häufig Pflege rund um die Uhr erforderlich.
- Positive Stimulierung bleiben wichtig (Berührung, Stimme).
Die Übergänge zwischen diesen Stadien sind fließend und die Symptome hängen von der Ursache der Demenz ab. Rechtzeitiges Erkennen und angemessene Unterstützung sind entscheidend für die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer An- und Zugehörigen.
Der Schweregrad einer Demenz kann mit Hilfe von Screeningtests ermittelt werden. Das gebräuchlichste Verfahren ist der Mini-Mental-Status-Test (MMST) mit 30 Punkten (30 keine, 0 schwere kognitive Störung). Die Tabelle zeigt die Einteilung in Schweregrade nach dem MMST.
Symptome in den unterschiedlichen Phasen der Demenz
Kategorie | Leichte kognitive Störung | Leichtgradige Demenz | Mittelschwere Demenz | Schwere |
MMST (Minimal-Mental-Status-Test) Summenwert | 30-27 | 26-20 | 19-10 | 9-0 |
Mittlere Dauer [Jahre] | 5-7 | 2-3 | 2-4 | 2-5 |
Kognitive Symptome | Geringfügige Gedächtnisprobleme. | Vergesslichkeit. Wortfindungs-störungen. Verminderte Problemlöse-fähigkeit. | Schwerer Gedächtnisverlust. Geringes Urteilsvermögen. Desorientiertheit. Kommunikations-schwierigkeiten. | Schwerer Gedächtnisverlust. Desorientiertheit. Verlust verständlicher Sprache. |
Aktivitäten des täglichen Lebens | Geringfügige Probleme bei komplexen Aufgaben. | Komplexe Tätigkeiten eingeschränkt (z.B. Regelung von Finanzen). | Einfache Tätigkeiten eingeschränkt (z.B. Hygiene), Unterstützung nötig. | Hilfe rund um die Uhr erforderlich. |
Verhaltensänderungen | Keine. | Antriebslosigkeit. Depression. Sozialer Rückzug. | Reizbarkeit. Umtriebigkeit. Zielloses Wandern. Wahnhafte Überzeugungen. Wutausbrüche. Sinnestäuschungen. Enthemmung. | Aggressivität. Wahnhafte Überzeugungen. Sinnes-täuschungen. Rastlosigkeit. Weinen. Schreien. |
Körperliche Symptome | Keine. | Keine. | Inkontinenz. Veränderung des Schlaf-Wach-Rhythmus. | Schwierigkeiten beim Gehen, Essen, Schlucken. Stürze. Krampfanfälle. Inkontinenz. Gewichtsverlust. |
Die Einteilung in verschiedene Schweregrade bezieht sich hauptsächlich auf die häufigste Form der Alzheimer-Demenz und nicht auf andere Formen wie die Frontotemporale Demenz, bei denen Verhaltensänderungen oder körperliche Symptome früher auftreten können.
Besondere Merkmale der verschiedenen Formen von Demenz
Die verschiedenen Formen der Demenz haben unterschiedliche Merkmale, anhand derer sie erkannt und klassifiziert werden können:
1. Alzheimer-Krankheit
- Probleme mit Gedächtnis, Sprache, Planen, Entscheidungen treffen.
- Vermeidung anspruchsvoller Aufgaben und sozialer Kontakte aus Scham.
- Seltene Krankheitseinsicht - Selbstschutz, da Identifikation mit der Diagnose aufgrund des Stigmas nicht gelingt.
2. Frontotemporale Demenz
- Verhaltensänderungen wie Impulsivität, übermäßiges Essen, Gewichtszunahme, Antriebslosigkeit, Apathie (Teilnahmslosigkeit), unangemessenes Sozialverhalten wie Enthemmung, starres oder zwanghaftes Verhalten.
- Bei der sprachlichen Variante kommt es zu einer Beeinträchtigung der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit oder des Sprachverständnisses.
3. Vaskuläre Demenz
- Verlangsamung der Informationsverarbeitung.
- Starke Stimmungsschwankungen.
- Kognitive Symptome je nach betroffenen Hirnregionen.
4. Lewy-Körperchen-Krankheit
- Bewegungsstörungen - auffällige Ähnlichkeit zur Parkinson-Krankheit.
- Optische Sinnestäuschungen.
- Schwankende kognitive Fähigkeiten im Tagesverlauf.
- Schlafstörungen mit Lebhaften Träumen.
Psychologische und umweltbedingte Ursachen von Verhaltensänderungen
Nicht selten werden Verhaltensänderungen durch bestimmte Umweltfaktoren ausgelöst oder verstärkt. In solchen Fällen kann es sinnvoller sein diese Faktoren zu identifizieren und zu beheben, als eine pharmakologische Behandlung.
- Zu viel oder zu wenig Aktivität: die Person mit Demenz kann durch ein Übermaß an Umgebungsreizen überfordert sein, beispielsweise Lärm, zu viele Handlungsoptionen, zu viel Trubel, Menschen die gleichzeitig sprechen, oder ein Radio oder Fernsehgerät, das ständig läuft. Andererseits stellt ein Mangel an Aktivität, fehlende Anregung oder Alleinsein das andere Extrem dar, das Verhaltensänderungen auslösen kann.
- Verhalten der versorgenden An- und Zugehörigen: wenn Angehörige autoritär, bevormundend oder drängend auftreten oder einen Befehlston anschlagen, können sich Personen mit Demenz nicht wertgeschätzt, unfähig zu eigenen Entscheidungen oder sogar abgelehnt fühlen. Das kann zu Widerstand oder sogar Aggressivität führen. Auch die Einführung einer bisher unbekannten Pflegeperson kann anfangs Unsicherheit, Angst oder sogar Feindseligkeit auslösen.
- Veränderungen der gewohnten Abläufe oder Umgebung (z.B. Krankenhausaufenthalte): Diese Veränderungen können Unruhe, Verwirrtheit, Desorientiertheit und Unverständnis hervorrufen, was und warum etwas geschieht.
- Physikalische Eigenschaften der Umgebung: Verhaltensänderungen können durch eine zu hohe oder niedrige Raumtemperatur angestoßen werden, aber auch durch ungeeignete Lichtverhältnisse, mangelnde Orientierungshilfen und Unordnung.
Beispiel
Herr Müller wurde in Pflegheim aufgenommen, nachdem sich sein Gesundheitszustand verschlechtert hatte und seine Familie sich die Pflege nicht mehr leisten konnte. Diese einschneidende Veränderung wurde nicht sehr sorgfältig vorbereitet. Die Umgebung war neu und die Abläufe anders als gewohnt. Hinzu kam, dass plötzlich für ihn völlig fremde Mitarbeiter:innen des Pflegeteams entschieden, wann er baden, essen oder Medikamente einnehmen sollte, von denen er gar nicht wusste, warum er sie brauchte. Herr Müller, der Sprachschwierigkeiten hatte und seine Wünsche kaum verbal ausdrücken konnte, reagierte mit Schreien, Umherwerfen von Gegenständen und Wegstoßen von Menschen, die ihm zu nahe kamen. Daraufhin wurde ein Psychiater hinzugezogen, der ihm beruhigende Medikamente verschrieb. Wahrscheinlich wäre es möglich gewesen, das Problem ohne den Einsatz von Beruhigungsmitteln zu lösen. Dazu wäre es nötig gewesen, die Lage aus der Sicht von Herrn Müller zu betrachten, seine Persönlichkeitsrechte zu respektieren, eine respektvolle Art der Kommunikation zu wählen, ihm genügend Zeit zu geben, sich an die neue Situation anzupassen und eine nicht-medikamentöse Intervention anzuwenden.
Literatur
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- Petersen RC, Smith GE, Waring SC et al. Mild cognitive impairment: Clinical characterization and outcome. Arch Neurol 56: 303-308, 1999
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- Petersen RC. Mild cognitive impairment. Continuum (Minneap Minn) 22: 404-418, 2016