Person im Mittelpunkt

Was sind die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz?

Menschen mit Demenz haben die gleichen Bedürfnisse wie alle anderen Menschen auch. Ihre Bedürfnisse sind vielfältig und individuell sehr unterschiedlich. Fünf Grundbedürfnisse lassen sich ausmachen:

  • Selbstbestimmung und Autonomie
  • Information.
  • Wohlbefinden
  • Aktivität und soziale Teilhabe.
  • Gemeinschaft.

Die Grundbedürfnisse ändern sich im Verlauf der Demenz nicht wesentlich, aber es wird für die Betroffenen schwieriger, sie selbständig zu erfüllen. Interventionen, die sich an den Bedürfnissen von Menschen mit Demenz orientieren, tragen zur Verbesserung ihrer Lebensqualität bei.

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Bedürfnisorientierung verbessert die Lebensqualität.

Veränderung der Bedarfe im Verlauf einer Demenz

Stadium:

Art des Bedarfs:

Information

Behandlung

Psychosozial

Körperlich

Früh

Krankheitsbild, Prognose, Verfügbare Hilfen, Finanzielle Unterstützung, Vorausverfügungen

Antidementiva,
Nicht-pharmakologische Interventionen,
Technische Hilfen,
Gleichzeitig vorhandene Krankheiten

Aktivität, Teilhabe,
Nützlich sein, Aufgaben / Rollen haben

Übungsprogramm

Mittel

Verfügbare Hilfen, Hilfe bei Veränderungen (z. B. Wechsel des Wohnsitzes)

Gedächtnishilfen, Hilfen im Alltag, Unterstützung bei Alltagstätigkeiten, Umgang mit problematischem Verhalten, Mobilität, Transport, Selbstsorge, Sicherheit, Technische Hilfen

Aktivität, Emotionale Unterstützung, Soziale Kontakte, Beziehungen, Akzeptiert werden,
Wahrung der Identität, Spirituelle Unterstützung

Krankenpflege, Ernährung, Übungsprogramm

Spät

 

Körperliches Wohlbefinden, Behandlung von Schmerzen

Behaglichkeit, Sicherheit, Gesellschaft, Nicht allein sein

Krankenpflege, Hygiene,
Ernährung, Schlaf, Schmerzen

Können Menschen mit Demenz Entscheidungen treffen?

Die Fähigkeiten, eine Wahlmöglichkeit wahrzunehmen und eine vernünftige Entscheidung zu treffen sind im leichtgradigen Stadium einer Demenz erhalten. Gründliche Abwägung und tieferes Verständnis sind jedoch bereits eingeschränkt. Die Einwilligungsfähigkeit für komplexe Sachverhalte nimmt im Verlauf einer Demenz rasch ab. Daraus folgt, dass Menschen mit Demenz in einem frühen Stadium in Entscheidungsprozesse einbezogen werden müssen. Außerdem müssen Alternativen und Entscheidungsmöglichkeiten einfach, verständlich und schrittweise vermittelt werden.

Was brauchen die Angehörigen von Menschen mit Demenz?

Zu den wichtigsten Bedarfen von versorgenden Angehörigen gehören Informationen (über Diagnose, Prognose, Behandlungsmöglichkeiten und verfügbare Unterstützung, Organisation sowie Finanzierung der Versorgung), Strategien zum Umgang mit problematischen Verhaltensweisen der Person mit Demenz (Teilnahmslosigkeit, Aggressivität, Reizbarkeit und andere), Zurechtkommen mit eigenen unangenehmen Gefühlen (Wut, Sorge, Einsamkeit, Trauer, Depression), Beratung zur Veränderung von Rollen und Beziehungen (ungewohnte Aufgaben, Rollenkonflikt, Verlust der Gegenseitigkeit und Nähe) sowie Tipps für die Kommunikation.

Bedarfe von versorgenden Angehörigen

Stadium:

Art des Bedarfs:

Information

Behandlung

Psychosozial

Früh

Diagnose bekommen,
Symptome und Verlauf,
Umgang mit Gedächtnisstörungen,
Zugang zu Hilfsmöglichkeiten,
Sinnvolle Beschäftigungen

Akzeptanz der Diagnose,
Zurechtkommen mit veränderten Rollen und Beziehungen

Angehörigengruppe,
Hilfe im Haushalt,
Technische Hilfen

Mittel

Umgang mit problematischen Verhaltensweisen (Unruhe, Reizbarkeit, Teilnahmslosigkeit),
Zurechtkommen mit körperlichen Symptomen (Ernährung, Hygiene, Inkontinenz)

Umgang mit eigenen emotionalen Problemen umgehen (Schuld, Wut, Trauer),
Rollenkonflikt,
Verfolgen eigener Interessen,
Isolation bekämpfen

Eigene Gesundheitsprobleme,
Finanzierung der Versorgung,
Sicherheitsfragen,
Wohnungsanpassung,
Kurzzeitpflege,
Demenz-Tageszentrum

Spät

Aufnahme im Pflegeheim,
Wahl einer geeigneten Institution,
Versorgung am Lebensende

Entscheidungen am Lebensende

Verfügbare und bezahlbare Einrichtungen

Zur Erfüllung komplexer Bedarfe ist ein Behandlungsplan nötig

Bedarfe treten nicht alle auf einmal auf. Außerdem verändern sie sich erheblich im Verlauf einer Demenz. Interventionen müssen geplant und koordiniert werden, um sie dann einsetzen zu können, wenn sie gebraucht werden, und um Synergieeffekte zu nutzen. Idealerweise sollten die beteiligten Fachleute gemeinsam einen individuellen Behandlungsplan aufstellen, das Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Ausbildungsniveau, Lebensgewohnheiten und körperlichen Gesundheitszustand berücksichtigt. Das Behandlungsteam sollte von einem Arzt oder einer Ärztin (z. B. Hausarzt / Hausärztin), einer Krankenpflegekraft oder einem Sozialpädagogen beziehungsweise einer Sozialpädagogin geleitet werden.

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Zur Erfüllung komplexer Bedarfe braucht es ein Team und einen Plan.

Zusammenarbeit zahlt sich aus

Teamarbeit kostet zwar zusätzliche Mühe und Zeit, aber mit großer Wahrscheinlichkeit zahlt sie sich in einer besseren Wirksamkeit der Behandlung, einer geringeren Zahl von Wiedervorstellungen und Krisensituationen sowie einer größeren Zufriedenheit mit der Behandlung auf Seiten der Menschen mit Demenz wie auch der Angehörigen aus. Zusammenarbeit bietet Vorteile für alle Beteiligten.

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